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Training
Nr.
31 Lesen - Lernen - Trainieren
Eine Frage, die öfter an mich gerichtet wird, lautet, ich möge
doch bitte einmal Stellung nehmen zu der Behauptung, dass ein intensives
Sich-Befassen mit Theorie und Praxis des Billardspiels, sei es mittels
Bücher-Lesen oder Trainerstunden, manchmal leider nicht den
erhofften Erfolg bringt. Nach anfänglichen Fortschritten und
dementsprechend Euphorie trete alsbald Ernüchterung ein. Der
Spieler habe das Gefühl, zwar mehr zu wissen und auch zu können,
aber die am Durchschnitt abzulesende Spielstärke steige doch
nicht wie gehofft, manchmal sinke sie sogar. Soll man in solchen
Fällen auf dem eingeschlagenen Weg umkehren und alles Gelernte
wieder vergessen — oder ist das ein "Tal der Tränen",
durch das man hindurch muss? Das Problem findet sich vor allem in
technischen Sport-arten. Woran liegt das? Sollte man sich tatsächlich
besser nur auf die Methode "Versuch und Irrtum" verlassen?
Antworten
1. Vorab dies: Nicht ganz vergessen sollte man,
dass es auch an der Qualität der "Ratschläge"
liegen kann, die manchmal zu wünschen übrig lässt.
Generell wird man jedoch sagen können, dass gute Bücher
und Trainer auch gute Dauer-Erfolge haben. Trotzdem fallen im Einzelfall
Negativ-Erlebnisse um so stärker auf, was zu Zweifeln Anlass
gibt.
2. Alles was mit Feinmotorik, einfacher ausgedrückt
mit Geschicklichkeit, zu tun hat, funktioniert am besten, wenn es
unbewusst, "aus dem Bauch heraus" geschieht. Es handelt
sich um durch viel Training eingeschliffene automatische Reflexe.
Diese werden durch Bewusstheit, mit Sicherheit aber durch Über-Bewusstheit,
die nach intensivem theoretischem Studium gar nicht zu vermeiden
ist, empfindlich gestört.
3. Die positive Wirkung von Büchern und Trainern
ist, sofern sie denn auftritt, zu einem nicht zu unterschätzen-den
Teil auch psychologisch begündet: Der Spieler bekommt eine
seelische Stütze. Viele trauen der Sache auf Dauer aber doch
nicht so recht, werden zwischen Vertrauen und Zweifel hin- und her
gerissen und erleben Rückschläge.
Man muss auch zu einer Spieler-Persönlichkeit heran-reifen,
bevor sich verläßliche Erfolge einstellen können.
Folgerungen
1. Im Training und in Freundschafts-Partien kann
und soll man Neues ausprobieren. Während der Turnier-Partie
dagegen muss man in erster Linie ergebnis-orientiert bleiben und
das spielen, worauf man sich verlassen kann. Dazu gehören zwar
auch, in Maßen, neue Erkenntnisse und sogar Stoßänderungen
— wirklich gut funktioniert das aber erst dann, wenn das Neue
dem Spieler durch viel Üben zur zweiten Natur geworden ist.
Die neu erworbene große Wissensmenge darf in der Partie nicht
belastend wirken, der Kopf muss frei sein für das Wesentliche:
Entfaltung des Stoßgefühls und des Spielflusses (Flow-Erlebnis).
Dieser Prozess kann mehrere Monate dauern, in manchen Fällen
und auf Teilgebieten (Systemspiel!) sogar ein ganzes Jahr. Auch
im Turnier soll man natürlich das Denken nicht ausschalten
sondern vernünftige Entscheidungen treffen, aber diese dürfen
sich nicht quälend hinziehen und problematisiert werden. Dessinwahl
und ggf. Berechnungen müssen schnell von-statten gehen —
trotzdem zuverlässig sein! Beides darf auch nicht mit großem
emotionalem Aufwand betrieben werden sondern eher "geschäftsmäßig".
2. Gehen Sie in kleinen Schritten vor.
Die sicherste Methode, sich völlig aus dem Konzept zu bringen,
besteht darin, zu viel auf einmal ändern zu wollen. Nehmen
Sie erst dann ein neues Kapitel in Angriff, wenn Sie die vorige
Lektion gelernt haben. Planen sie regelmäßige Wiederholungen
ein. Das Ganze soll Ihnen Spaß machen, nur dann werden Sie
Erfolg haben. Wählen Sie als erstes diejenigen Kapitel aus,
die Ihnen am meisten zusagen — und dann natürlich die,
bei denen Sie Ihre größten Schwächen vermuten.
3. Was kann man ohne Gefahr tun und was nicht?
Keine Probleme sind zu erwarten bei der Dessinwahl und dem Herausfinden
der besten Art, wie Sie persönlich
bestimmte Dessins technisch lösen möchten. Ans Eingemachte
geht es aber
— wenn Sie Ihren Stoß, das Zielen oder die Stoßvorbereitung
in wesentlichen Punkten ändern —
— wenn Sie Systeme einsetzen —
— wenn Sie intensiver auf Fortsetzung und/oder Verteidigung
spielen wollen.
Beim Stoß und beim Zielen sollten Sie besonders achtsam sein,
weil man hier nicht wieder in den Zustand der Unschuld zurück
kann. Alles was Sie jemals ausprobiert haben, hinterlässt Spuren
und kann später als Störfaktor auftreten. Ganz schlimm
wird es, wenn Sie Ihre Vorgehensweise des öfteren "hin
und her" wechseln. So bekommen Sie niemals ein verlässliches
Verhaltensmuster. Versuchen Sie, ohne allzulanges Problematisieren,
herauszufinden, was für Sie erfolgversprechend ist, und dann
haben Sie bitte genügend Geduld, bis das Neue hinreichend verinnerlicht
worden ist. Da müssen Sie dann schon durch. Besonders kritisch
ist der Spezialfall "Ball-System". Bevor Sie sich endgültig
dafür entscheiden, sollten Sie sich schon ziemlich sicher sein,
denn hier gibt es nur ein Entweder—Oder. Ähnlich, wenn
auch nicht ganz so schlimm, ist es mit allen Systemen, bei denen
zuerst B 2 (und nicht eine Vorbande) getroffen wird.
4. Das subjektive Stoß- und Liniengefühl
Gerade wenn man mehr weiß, sich mit Lauflinien besser auskennt
oder gar Systeme einsetzt, besteht die Gefahr, sich fast nur noch
auf seine Kenntnisse und Zahlen zu verlassen. Das Eigentliche des
Billardspiels: "Wie fühlt sich das an? Wird der Ball so
wohl kommen?" wird dann oft nicht mehr genügend berücksichtigt.
Stellen Sie in Ihrer Stoßvorbereitungs-Routine unbedingt sicher,
bevor Sie abstoßen davon überzeugt zu sein: "Genau
so ist es auch gefühlsmäßig richtig."
5. Man kann alles übertreiben
Wenn Sie zu "verkopft" spielen, viele Systeme anwenden,
Ihre Stoßausführung ganz bewusst erzwingen wollen, erreichen
Sie das Gegenteil: Sie lassen keinen Raum mehr für die freie
Entfaltung Ihrer instinktiven Fähigkeiten, denen Sie immer
die erste Präferenz einräumen sollten.
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