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Training
Nr. 82 Die richtige Lösung wählen - Immer nur
rund? (Teil 1)
In Nummer 79, anläßlich der Besprechung des Buches von
Caudron, hatte ich versprochen, mich eingehender
mit der Frage zu beschäftigen, wie sein Hauptratschlag für
die Dessinwahl zu bewerten ist: Vorzugsweise 'rund' zu spielen,
das bedeutet Linien mit regulärer Bandenfolge zu wählen
(z. B. lange Bde - kurz - lang - kurz etc.), da alle Gegeneffet-Abschläge
unter den Bedingungen der Spitzen-Turniere bekanntermaßen
besonders problematisch sind.
Wenn ich beim Billard oder Golf Unterricht gebe, bin ich nicht selten
überrascht, dass manche Spieler wenig Neigung zeigen, sich
mit dem Thema der Dessinwahl überhaupt näher zu befassen,
man hat den Eindruck sie seien von der Richtigkeit ihrer Wahl stets
überzeugt, eine Diskussion unnütz. Mancher scheut vielleicht
schon die gedankliche Anstrengung als solche, der tiefere Grund
könnte aber darin liegen, dass er befürchtet, man wolle
seine Intelligenz infrage stellen, da das Denken als solches - im
Gegensatz zu technischen Fertigkeiten - von jedem eigentlich gleich
gut geleistet werden könne. Demgegenüber bin ich der Meinung,
dass Spieler aller Klassen sich sehr wohl immer wieder daraufhin
überprüfen sollten, ob ihre Art, bestimmte Positionen
anzugehen, die richtige ist.
Die Vorgehensweise der Weltklassespieler gibt hier die wichtigsten
Hinweise. Aber selbstverständlich müssen die Entscheidungen
auch individuell getroffen werden, je nach Können, persönlicher
Vorliebe und momentaner Intuition. Sie sind außerdem vom Partieverlauf
und der Formkurve abhängig.
Derartige Überlegungen sollte man aber primär außerhalb
des Turniers anstellen. Die Vorab-Festlegungen müssen
im Training erfolgen, damit man sie im Ernstfall einfach
nur 'abzurufen' braucht.
Caudron ist im übrigen nicht der einige, der den o. a. Ratschlag
erteilt, ähnliches habe ich auch von einer Reihe anderer Spitzenspieler
gehört - es muss also schon was dran sein.
Demgegenüber habe ich selbst gleich im Anfangs-Kapitel meines
Handbuchs zuerst die manchmal übersehene 'Problematik des geläufigen
Dessins' aufs Korn und sodann eine ganze Reihe anderer Gesichtspunkte
bei der Dessinwahl ins Visier genommen.
Wenn Sie es besonders gut machen wollen, sollten Sie als nächstes
die Seiten 9 und 10 im HdB I nachlesen. - und wenn Sie ganz allgemein
Genaueres über die Bandenreaktionen auf neuen Tischen wissen
wollten, schlagen Sie biite im HdB II das Kapitel 'Tische - Queus
- Bälle' nach. Habe ich damit die Dinge unnötig kompliziert
und befinde ich mich im Widerspruch zur Meinung der Top-Spieler
- ich glaube nicht, aber darüber werden wir uns später
noch näher unterhalten.
Selbstverständlich ist:
a) Wenn sich eine gut spielbare 'runde' Lösung
anbietet, bei welcher Kontergefahr nicht besteht oder aber sich
gut beherrschen lässt, wird man sie natürlich in den aller-meisten
Fällen auch wählen.
b) Ist die Position derart, dass man eine reguläre
Bandenfolge entweder überhaupt nicht oder nur mit allergrößten
Anstrengungen bewirken kann, sind Gegen-effet-Abschläge (oder
Vorbänder) gar nicht zu vermeiden.
c) Das Problem sind die Zwischenstufen:
Rund zwar möglich, aber technisch schwierig oder mit erhöhter
Kontergefahr behaftet oder letztlich doch zu Ball 3 hin kaum punktgenau
zu spielen - wann soll man dann auf eine mögliche Gegeneffet-Lösung
umsteigen?
Eine generelle Antwort gibt es nicht, jeder einzelne muss für
sich selbst, in seiner jetzigen Entwicklungsphase, die für
ihn passenden Antworten finden - die später folgenden Beispiele
können auch nur Anhaltspunkte geben.
Eine weitere Vorab-Bemerkung:
Die zu besprechenden Ball-Positionen sind diesmal nicht punktgenau
als Nachspiel-Muster zu nehmen und auch nicht immer als unbedingt
beste Lösung zu verstehen, es geht mehr um das Aufzeigen grundlegender
Prinzipien.
Womit wir uns hier befassen wollen, bezeichnet man auch als
'Sensible Stöße', das sind
solche, bei denen bereits kleinste Veränderungen beim Antreffwinkel
an der Bande, beim Stoß, dem Tempo, Effet etc. derart große
Abweichugen beim weiteren Ball-Lauf zur Folge haben, dass die Karambolage
oft verfehlt wird.
Überspitzt könnte man sagen, dass der Versuch, dieselbe
Position mehrmals nacheinander auf genau die gleiche Art zu stoßen,
leider - und das selbst bei Spitzenspielern - häufig zu ganz
unterschiedlichen Ergebnissen führt.
Man sollte ihnen daher nach Möglichkeit aus dem Weg gehen,
da die Resultate im Einzelfall schwer oder gar nicht vorhersehbar
sind.
Kritisch sind vor allem Verlaufslinien, bei denen irgend eine Bande
mit Gegeneffet berührt wird, wobei sich die
Proble-me häufen, wenn auf frisch bezogenen Tischen
gespielt wird, bei extra lang abschlagenden Banden
und natürlich auch auf unbekannten Tischen
(mit irregulären Bandenreaktionen), die man nicht in fünf
Minuten voll in den Griff bekommen kann.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Verhältnisse
in kurzer Zeit ändern können. Bei ganz neuen
Tüchern stellt man das bereits von Match zu Match fest. Aber
auch sonst können die Reaktionen sogar schon im Verlauf einer
einzigen Partie wechseln, abhängig vom Raumklima, der Sauberkeit
des Tisches und der Bälle u. ä.
Hier vor allem muss man daher, genau wie Caudron anrät, nach
Möglichkeit die reguläre Bandenfolge mit Laufeffet
(Kurze Bande - lange Bande - kurz - lang etc. Oder: Lange
Bande - kurz - lang - kurz etc.) anstreben.
Jedoch sollte man sich dessen bewusst sein, dass 'Rund-Spielen'
nicht automatisch verlässlichere Ergebnisse bringt. Das gilt
nur dann, wenn die übrigen Stoßkomponenten sich in einem
mittleren Rahmen bewegen:
Mittelschräge Anschlagwinkel an den Banden, mittleres Tempo,
kein Übereffet, kein Tief- oder extremer Hochstoß, dünnes
bis mitteldickes Antreffen von Ball 2, keine Sonder-Effekte beim
Stoß.
Trifft all das zu, hat man natürlich gar keine Probleme - aber
hier geht es ja gerade darum abzuwägen, ob die Risiken, die
sich infolge extremer Stoßeigenschaften ergeben, wenn man
mit aller Gewalt 'rund' spielen will, besser beherrschbar sind als
die Probleme, welche infolge Gegeneffet auftauchen würden.
Wir wollen auch sogleich anmerken, dass es sich hier, egal für
welche Richtung man sich letztlich entscheidet, meist um relativ
problematische Stöße handelt.
Man sollte unbedingt den Hauptgrundsatz beherzigen:
"Das Wichtigste ist, die Karambolage sicher zu stellen"
d. h. den Ball zu machen, und deshalb muss man sich über Chancen-Erhöhung
Gedanken machen. Welchen Ball wählt man als Ball 3 und wie
kann die Einlauflinie zu Ball 3 optimiert werden?
Günstig: Leichte Banden- (oder noch besser Ecken-) nähe,
unterstützender Einlaufwinkel zur letzten Bande; Verbes-serung
auch durch Aufzieher oder umgekehrt 'Drop-In' möglich (Näheres
dazu finden Sie im Hdb I und II).
Wird man hier fündig, lassen sich die Nachteile des Gegen-effets
resp. extremer Stoßkomponenten (bei rund gespiel-ten Bällen)
ganz oder wenigstens zum Teil kompensieren.
Aus praktischen Erwägungen scheint es ratsam, unsere Überlegungen
später aufzuteilen in die Rubriken
a) Training (alleine und Partien),
b) Turnierpartien auf dem Heimattisch oder ähnlichen,
c) Matches auf frisch bezogenen, extra lang abschlagen-den
oder unbekannten, irregulär reagierenden Tischen (siehe oben).
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